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Der Straßenverlauf (IV) : Weißenseifen - Scheuren - Auel - Jünkerath
Abschnitt Weißenseifen-Wickenseifen
Im Bereich des Wallersheimer Waldes östlich von Schönecken ist der Verlauf der Römerstraße heute noch gut zu verfolgen. Östlich von Neustraßburg steigt sie nach Norden auf die Wasserscheidenlage des Wahlscheids, quert das Quellgebiet des Dürrbachs westlich von Weißenseifen und läuft als Forstweg bis an die heutige L 16 heran.
Dieser Strassendamm verläuft, unterbrochen von der Siedlung Weißenseifen, mit zwei Grad gegen Norden in den Wallersheimer Wald. Zu den nun folgenden 2,5 km, die am Schnitt mit dem Pilgerweg von Prüm nach Trier beginnen, gibt es bei Joseph Hagen zwei Bemerkungen : „Halbwegs zwischen Webbüsch und Wickenseifen, den Gehöften von Weißenseifen gegenüber liegt ein zwanzig Meter hoher isolierter Hügel, zu dem die Römerstraße aus ihrer sonst geraden Richtung eine Biegung macht (…) In der Fortführung ist die Straße in der bisher geraden und gut erhaltenen Bahn nicht mehr erkennbar ’ (Hagen 1923, S. 87).
Wegen Hagens Beschreibung einer „Biegung’ (es kann nur eine nach Westen gemeint sein) und wegen des zerklüfteten, wasserreichen Einzugsgebietes konnten wir uns ebenfalls nur eine solche westliche Umgehung vorstellen.
Um jedoch zu prüfen, ob die Straße doch ein Stück nach Norden „geradlinig’ weiterläuft, gingen wir diese Richtung mit dem Kompass an der Nordseite der Siedlung Weißenseifen weiter. Dort befindet sich in der Flucht der Römerstraße eine Terrassenkante. Eine Kante ist zwar nur eine Linie, aber die Kante hat die gleiche Richtung wie der oben erwähnte Damm. Es ist denkbar, dass der Rest der Strasse in westlicher Richtung durch die Erosion unsichtbar geworden ist. Dass hier überhaupt noch etwas zu sehen ist, legt die Vermutung einer ununterbrochenen Waldnutzung nahe.
50 m weiter nördlich ist der Damm ungefähr 1 m hoch, insgesamt ca. 20 m breit bei 10 m Kronenbreite. Nach weiteren 30 m schneidet ein Forstweg den Damm. An solchen Schnitten kann das „Innenleben’ besichtigt werden : Kies und Steine, und sogar ein Pflasterstein, der an drei Seiten Bearbeitungsspuren trägt. All dies spricht für die Annahme, dass der Damm Teil der Römerstraße ist.
150 m weiter, hinter dem zweiten Forstweg, schneidet die Römerstraße eine „Allee’. Am Ende dieser „Allee’ fällt nördlich des dritten Forstwegs ein alter Baumstumpf auf, der mit seinen Wurzeln die Oberschicht der Straße mit Kies und Stein festhält. Ab hier gesellt sich ein Nebendamm dem „Hauptdamm’ zu. Auf die Bedeutung der paralell begleitenden Nebendämme gehe ich im Abschluss näher ein.
Das Gefälle beträgt hier 4,5 %, in Richtung Fischbach, wird im folgenden aber bis zu 10 % stärker. Ab und zu sind Pflastersteine mit abgerundeten Kanten an der Oberseite zu sehen.
Kurz danach, ungefähr 200 m vor dem ersten Seitenarm des Fischbachs, wird eine Packlagenschicht sichtbar. Diese Fundamentschicht, die aus 15 bis 20 cm hohen, dicht gesetzten Steinen besteht, ist hier nicht so hoch wie bei der Grabung von 2008 bei Meilbrück. Vielleicht sind die bessere Tragfähigkeit und die Art des Bodens für den Unterschied im Aufbau verantwortlich.
Nach Querung des vierten Forstweges fällt eine Senke auf, die einen Einblick ins Innere des Straßendammes zulässt : Der Unterbau besteht aus örtlichem Schiefer-Grauwackegestein, der obere Bereich enthält Kies als Zuschlag. Im darüber liegenden Bereich wird bei einem Gefälle ab 3 % gepflastert.
In der Literatur wird auch eine Kalk-/Sand-Mischung beschrieben, deren Existenz heute jedoch schwer nachzuweisen ist. Wegen der hohen Kosten wurde im Allgemeinen außerhalb Italiens nur im Bereich der Siedlungen und da, wo es die Erosion erforderte, gepflastert. Das Material der hier angetroffenen Pflastersteine ist entweder Quarzit (möglicherweise aus den Effelsberger Schichten) oder ein harter, braunroter Sandstein.
Das Gefälle beträgt hier 10%, die Dämme laufen auf ein Plateau vor dem Bach zu. Einige große Steine auf der südlichen Bachseite lassen an ein Brücken-Auflager für eine Holzkonstruktion denken.
Nach nur 150 m (der 5. Forstweg liegt dazwischen) stehen wir vor einem weiteren Bach, dem 2. Nebenarm des Fischbachs. Nur 130 m weiter östlich laufen beide Bäche natürlicherweise zusammen. Warum hat man nicht, von Süden kommend, unauffällig die Richtung etwas geändert, um hier zwei Hindernisse auf eines zu reduzieren ? Hier hat man sich offensichtlich für die Geradlinigkeit entschieden.
Die Nordseite des 2. Baches passiert östlich einen Steinbruch (ca. 1000 Kubikmeter) und stößt dann gegen die nördliche Talflanke mit ca. 30 % Steigung. Hier wäre in der Planung eine Serpentine zu erwarten. Um diese zu vermeiden, legte man den Damm in einen Einschnitt und mindert das Gefälle auf ca. 18 %, indem man auskofferte. H. E. Beier hat in seiner Dissertation nachgewiesen, dass im Eifel - Hunsrück - Gebiet bei Steigungen bis zu 18 % die Geradlinigkeit beibehalten wird (Beier 1971) [1]. Somit waren die Anforderungen während eines normalen Tagesmarsches (iter iustum) nicht nur durch die Reduzierung der Traglast auf 37 kg beschränkt, sondern auch durch das maximale Steigungsmaß der Straße.
Es fällt auf, dass an dieser Stelle gleichzeitig nach Westen ausgewichen wird - wir vermuten, dass in der Trassenachse felsiger Untergrund diese Entscheidung beeinflusst hat, worauf der benachbarte Steinbruch ebenfalls hinweist.
Hohlwege auf der Ost- und Westseite deuten auf die mittelalterliche Weiternutzung hin. Nach etwa 200 m (6. Forstweg) erscheint ein weiterer Bach, der im Bereich der Trasse zwei große Steine und eine Steinplatte zeigt.
Bis zum siebten Forstweg gibt es wenig Steinmaterial, danach taucht es wieder auf, unter anderem auch schräg liegende Steine. Dem Hauptdamm gesellt sich in ca. 22 m Abstand wieder ein Nebendamm zu. Wenig später schneidet ein Entwässerungsgraben den Damm und bietet an dieser Stelle zwei Schnittansichten. Die Steigung beträgt hier 6 %. Auf dem Damm fand sich ein mittelalterliches Hufeisen, Typ Mondsichelruten.
30 m vor dem achten Forstweg wird der Damm besonders gut sichtbar.
120 m weiter durch den Buchenwald ist der bisher höchste Punkt der Begehung erreicht. Von hier an laufen zwei Dämme mit einem großen Entwässerungsgraben dazwischen abwärts, zuerst in der bisherigen Richtung, danach um ca. 7° langsam in Westrichtung drehend, um an der westlichen Talflanke abzusteigen.
Ein Bach quert von Westen nach Osten. Auf beiden Uferseiten sind Köhlerplatten zu sehen. Kurzzeitig weicht hier die Trasse der steilen Talflanke nach Westen aus, läuft nun auf den Talschluss zu, wechselt dabei durch ein Quellgebiet von der West- auf die Ostseite und erreicht die Anhöhe vor Wickenseifen.
Nach der Querung der L 30 zwischen Kopp und Wallersheim führt die Trasse auf eine große Vogelkirsche zu, an deren Wurzeln viele Lesesteine liegen. Von hier aus sieht man den Damm als leichte Erhöhung 600 m weit durch die Wiesen laufen.
Von der Höhe 563 m östlich des Gellberges geht es abwärts zum Waldhaus „Schank’, in dem ein Einschnitt genutzt wird. Gegenüber dem Haus liegt ein Dammrest von ca. 65 m Länge. Er verschwindet dann für 600 m unter dem Asphalt einer Erschließungsstraße und wird nördlich der Höhe 601,2 m bis zum Gipfel des Vogelsheck (623,2 m) wieder sichtbar. Hier ist die höchste Erhebung zwischen Trier und Köln erreicht.
Büdesheim, Scheuren, Auel, Jünkerath
Nördlich des Vogelsheck, 200 m östlich des Weissen Kreuzes, verlässt die Trasse den Wald (der seit 1809 100 m nach Norden ausgedehnt wurde) und läuft zuerst durch Weiden, dann durch Ackerfluren auf den Hengscheid östlich von Büdesheim zu. Die Militärstraße scheut aus Sicherheitsgründen keineswegs die Mühe des Auf- und Absteigens (24m aufwärts, 50m abwärts). Nördlich des Hengscheids im Umfeld des Ellickskreuzes [2] läuft die Römerstraße am östlichen Rand des Büdesheimer Bachtals in Wasserscheidenlage auf die Brücke des Oosbachs zu. Leider ist ohne archäologische Prüfung auf dem von Ackerterrassen übersäten Hang keine sichere Aussage möglich. Wie üblicherweise andernorts beobachtet werden kann, bleibt die Trasse solange wie möglich in der Wasserscheidenzone (und gehorcht so den Imperativen Sicherheit und Klima) und geht dann, sozusagen „im letzten Moment’, steil abfallend auf den günstigsten Übergang über den Oosbach zu, der sich ungefähr mit der heutigen Lage deckt.
Im Einzelnen : Die Tranchot-und-Müffling-Karte von 1809 zeigt den ursprünglichen Verlauf : nach 700 m Wasserscheidenlage knickt die Trasse um 12° nach Westen, nach weiteren 625 m nun 10° nach Westen, nach weiteren 600 m 27° nach Westen, um den bestmöglichen Übergang über den Oosbach zu erreichen. Nördlich der Brücke führt ein Weg zielstrebig in Richtung Scheuern - er könnte der Fortsetzung entsprechen, insbesondere da eine ca. 700 m gerade Trasse bis in Höhe Scheuren sich anschliesst (T+M Blatt 154 Gerolstein). Nicht unerwähnt bleiben soll, dass auf zwei Grundstücken direkt an der so genannten Römerstraße Spuren zu sehen, bzw. zu sehen gewesen sind : Auf dem Grundstück Benz ein Damm, auf dem Grundstück des Landwirts Schauster die Fortsetzung dieses Damms. Die Römerstraße durchläuft nacheinander einen nach Osten und dann einen nach Westen gerichteten geöffneten Halbkreis. In dem zweiten lag der umfangreiche Duppacher Weiher. Mit letzterem erklärt sich auch die Abknickung nach Nordwesten in Richtung Auel.
Das Gebiet zwischen dem heutigen Josef-Schramm-Weg und der K51 hat keine Altstraßen-Spuren hinterlassen. Daher nehmen wir an, dass die Trasse 800 m lang unter der K51 verläuft, dann - bei Höhe 490 m gerade auf die Kirche von Auel zuläuft und den Tieferbach überquert (Kreuzung mit der mittelalterlichen Straße von Koblenz nach Malmedy).
Mit der Richtungsänderung von 3,8° auf 346° für 500 m, dann 336° für 650 m am Bachübergang rückt der weitere Verlauf der Straße um ca. 600 m nach Westen, ein großräumiger Versprung. Diese 600 m werden jedoch bis Jünkerath allmählich wieder abgebaut.
In Auel zeigt eine Parzellengrenze in der Neuaufnahme von 1894 den Verlauf der Straße nach Lehnerath südlich der K52 an. In der preussischen Ur- und Neuaufnahme 5605 Stadtkyll ist sie nördlich der K52 vollständig sichtbar, auch Luftbilder und die Forstkarte Prüm von 1940 zeigen ihre Lage. Auf 500 m der Gemeindegrenze (1809/10) Steffeln-Oberbettingen bildet die Straße die Markierung.
Auf der Höhe 515,7 m vor dem Lehnerath-Kreuz geht es steil abwärts - Spuren nicht sichtbar bis zum letzten Gebäude-Komplex, einem Bauernhof, auf der Nordseite der L25. Nördlich dieses Bauernhofes ist die ehemalige Lage des Damms (h=502m) deutlich erkennbar (UR 1846/Neu/Forstkarte Prüm 1940). Der Eigentümer, Landwirt Peters, hat uns erklärt, dass man nach Rodung des Grünstreifens, der den Damm begleitet hat, letzteren mühsam abgetragen habe. Der heutige Zustand zeigt den Damm immer noch in seinem Grundriss trotz Abtragung, da der Mutterboden nicht ersetzt worden ist. Im Bereich der Hofgebäude befindet sich ein gut erkennbares Hohlweg-Stück.
Unter 5,5° (DGK 4074 Lissendorf-West 1981) läuft die Trasse 600 m geradlinig bis zum Mühlenbach, östlich von einem tiefen Hohlweg begleitet. Die Übergangszone (h = 460 m) ist eng geführt, eine Holzbrückenkonstruktion ist vorstellbar. Ein Dammrest ist in der anschliessenden Weide sichtbar. Am Mühlbach knickt die Straße auf 21° nach Osten mit 13,3 % Steigung, um dann nach Überquerung des Sattels zwischen Lissendorf im Westen und dem Hunertsberg im Osten - hier genau : den Höhen 507 m und 526,5 m - wieder in Nordrichtung zurückzufallen. Die Fortsetzung läuft abwärts bis zu einem Zulauf des Lissendorfer Baches, dann wieder aufwärts. Die solitär liegende Waldparzelle (die östliche von dreien) besitzt an der Westseite einen Höhenunterschied zur angrenzenden Weide von ca. 2 m... Nahebei findet sich die starke Quelle des Zulaufs.
Weiter aufwärts geht es durch die heutige Ferienhaussiedlung (h max = 402,5 m am Eichenweg) und wieder abwärts (Hohlwegrest) zum Lissendorfer Bach (Spuren einer Pflasterung im Bachbett ?).
Mit 5,2° zieht die Straße östlich des Birgeler Waldes nach Norden (Steinverdichtung). Nach ca. 300 m knickt sie auf 3,8°, läuft über eine Kreuzung (h = 510,7) landwirtschaftlicher Wege auf die Höhe h = 527,5 m zu. Dort knickt sie auf ca. 10°, nach weiteren 200 m auf ca. 13°. Die letzten beiden Knicke könnten die Anpassung auf die Querung „Achelshofer Tal’ und den Abstieg auf das Etappenziels Icorigium durch das Tütbachtal vorbereiten. Die Anhöhe h = 531 m stellt dabei die ideale Vermessungsstation nach Norden und Süden - nach Jünkerath und zum V-Punkt 540,3 m - hin dar. Seit der Steinverdichtung auf den Feldern des Bauernhofes Vietoris sind keine direkten Spuren sichtbar. Wenn man sich eine Trasse zwischen Höhe 531 m und dem Ausgang des Tüt-Tals vorstellt, dann überrascht ein Weg, der diesen Verlauf über den Steinbruch nimmt, da er ein Steigungsverhältnis bis zu 26° hat, zu viel für eine Römerstraße. Im Luftbild ist jedoch eine Serpentine erkennbar, die eine Lösung für dieses Problem bringt und somit die römische Trasse wieder ins Spiel bringt.
Unterstützend ist auch ein Gräberfeld ca 300 m vor der Straßenstation Icorigium/Jünkerath an der Nordseite der Koblenzer Straße. Direkt vor der Siedlung muss die Römerstraße verspringen, um die Siedlung geradlinig zu erreichen.
Die Trasse ist schwach im Gelände und deutlich in den Flurkarten (Flur 7, Pz 43/19) erkennbar.
Die Straßenstation Jünkerath/Icorigium bestand aus längsrechteckigen Häusern von ca. 10 m Breite und 15-24 m Länge. „Neben Verkaufsläden sind Herbergen und Schmieden, Reparaturwerkstätten für die Fahrzeuge zu erwarten.’ (Cüppers) Auch Eisenverhüttung ist archäologisch nachgewiesen.
Die spätrömische Befestigungsanlage mit 13 Rundtürmen, Durchschnitt bis 10 m, wurde in Folge der Frankeneinfälle im 4. Jh. errichtet, wie in Bitburg, bzw. Neumagen. Die Überbauung der Hausgrundrisse im Mauerbereich zeigt deutlich die kausale Verknüpfung.
In gerader Fortsetzung verlässt die Römerstraße die Straßensiedlung in Richtung Heidenkopf. In der Uraufnahme von 1846 entspricht eine deutliche breite Trasse dem steilen Verlauf auf die Höhe, so wie es die Vorgänger von J. Hagen, Schmidt und der Generalmajor a. D. von Veith bereits Mitte des 19. Jh. festgestellt haben.



