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Einleitung

Die Römerstraße von Trier nach Neuss, erbaut im Jahre 22-19 v. C. durch Marcus Vipsanius Agrippa, hat früh die Aufmerksamkeit von Historikern und Archäologen auf sich gezogen. Ihr Verlauf ist unter anderem von Josef Hagen und G. von Veith untersucht und beschrieben worden [1] - dienten Straßen dieser Art der Kontrolle und Überwachung der eroberten Gebiete, sowie deren Erschließung. Darüber hinaus ermöglichten sie die Gewöhnung der Bevölkerung an römische Kultur und Zivilisation. Zuletzt stellten sich die Eroberer mit ihrer überlegenen Organisation und Ingenieurskunst als Besieger der Natur dar, was in der Qualität der Straßenführung und Brückenbautechnik zum Ausdruck kam (so kann zum Beispiel die Brücke als ein Symbol für einen Sieg betrachtet werden) [2].

Der Bau verlief nach den Grundsätzen, die im Imperium allgemein für die Errichtung von Staatsstraßen galten. Die Planungsfachleute mussten sich durch einen Abwägungsprozess die Entscheidung zur optimalen Lage der Trasse erarbeiten. Zu berücksichtigen waren :

  • die Topographie, einschließlich Hydrologie
  • die Sicherheit (Vermeidung unübersichtlichen Geländes)
  • die Versorgung (Wasserstellen, Brunnen, Marschlager)
  • die Leistung (iter iustum - Normalmarsch, iter expeditum - Eilmarsch)
  • das Marschieren unter Last (das Gepäck der Legionäre wog 37-47 kg)

Letzteres beeinflusste zum Beispiel die Steilheit und die Gleichmäßigkeit der Steigung der Straßentrasse.

Für die Ausführung gilt es zunächst, den grössten Feind der Straße, das Wasser, zu kontrollieren. Das sich auf den Straßen gesammelte Wasser muss auf kürzestem Weg, also zu den Seiten hin, abgeleitet werden. Daraus folgt eine „Rundung’ des Dammkörpers (archäologischer Sprachgebrauch

Die sorgfältige Wartung der Gräben stellt den wichtigsten Faktor für eine lange Lebensdauer des Straßenkörpers dar. Hinzu kommen Verbesserungen beim Schichtenaufbau : Die Packlage aus senkrecht stehenden 30 - 40 cm langen Steinen wird in eine Schräglage verändert. Vorteil : die Bauarbeiten nehmen weniger Zeit in Anspruch und sind technisch einfacher durchzuführen, da das Verzwicken entfällt. Die Verdichtung ist gründlicher, kleine Hohlräume können sich weniger leicht bilden.

Die ältesten Straßen, die diese Techniken zur Bewältigung des Wasserproblems einsetzen, sind etruskische Straßen. Die Stadtstraßen in Marzabotto (ca. 500 v. Chr.) sind nach Augenschein vollständig ausgestattet und somit von römischen Stadtstraßen nicht zu unterscheiden.

Die Ausführung berücksichtigt auch den Wunsch nach Geradlinigkeit - wenn es das Gelände zulässt. In den Alpen erlaubt die vorhandene Topographie nur selten längere geradlinige Passagen. Die Mittelgebirgsstruktur der Eifel ermöglicht einen Kompromiss zwischen den vorgenannten Extremen und die konsequentere Durchführung eines geraden Straßenverlaufs. Nur an zwei Stellen wird dem dramatischen Auf und Ab der Topographie ausgewichen. Wenn man zu dieser Haltung der konsequenten Geradlinigkeit nach einer Erklärung sucht, dann findet man bei Flavius Josephus (Bellum Judaicum 3,6) eine Textstelle zum Einmarsch von Vespasian in Galiläa : „...Dann kamen die Straßenbauer unter den Legionären, die die Aufgabe hatten, die gewundenen Wege gerade und schwer passierbares Gelände leichter gangbar zu machen (...), damit das Heer nicht durch die Beschwernisse des Marschweges unnötig zu leiden hatte.’

Das Ergebnis dieser Techniken und der angewandten Regeln ist ein Straßensystem, das den Vergleich mit heutigen Autobahnen durchaus besteht : „die hydraulisch gebundenen Straßenkonstruktionen der Römer [hatten] die bei weitem höchste Tragfähigkeit aller im Laufe der Geschichte des Straßenbaues vorgekommenen hydraulisch gebundenen Konstruktionen. Selbst bei der Belastung mit einem 50 KN-Rad (=moderner LKW) ergibt sich eine größere Lebensdauer als bei einem modernen Autobahn-Beton-Oberbau (…). Es muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass es an der über der hydraulisch gebundenen Tragschicht angeordneten ungebundenen Verschleißschicht zu Schäden gekommen sein muss (…). Wegen der gut organisierten Unterhaltung der römischen Straßen stellten diese leicht behebbaren Schäden (Schlaglöcher, Spurrinnen) aber kein Kriterium für die Tragfähigkeit dar’ (Seitz 1984, S. 148).

Die Römerstraße zwischen Trier und Neuss fügt sich in dieses Straßensystem ein, weist jedoch in manchen Abschnitten, vor allem zwischen Weißenseifen und Vogelsheck, einige Besonderheiten auf.


[1Josef Hagen, Römerstrassen der Rheinprovinz, Kurt Schroeder Verlag, Bonn/Leipzig, 1923

Der Bau der Straße von Trier nach Neuss erfolgte nach der Besetzung des Rheinlandes durch römische Truppen im Jahre 22-19 v. C. Neben der Zweckmäßigkeit der Staatsstraßen was den Verkehr angeht - R. Chevallier schätzt den Zeitgewinn im Vergleich zu den vorrömischen Straßen als zwei- bis dreifach ein[[Raymond Chevallier, Les Voies Romaines, Picard, Paris, 1997.

[2Siehe hierzu Holger Sonnabend, « Römerstrassen als Element von Herrschaft und infrastruktureller Erschließung eroberter Räume », in Harald Koschik (Hrsg.), Alle Wege führen nach Rom, Rhein-Eiffel-Mosel Verlag, Brauweiler, 2004 und Theodor Kissel, « Wider die Natur. Strassen erobern die Landschaft », in H. Koschik (Hrsg.), Alle Wege führen nach Rom….